Infomagazin, Deutschland 2023
Wir denken in Worten. In der Regel tun wir das in unserer Muttersprache. Durch sie können wir die Welt um uns herum in Worte fassen. Der Werkzeugkasten, den verschiedene Sprachen uns zur Verfügung stellen, kann jeweils sehr unterschiedlich sein. Verändert das unsere Wahrnehmung der Welt, je nachdem welche Sprache wir von klein auf erlernt haben? Wären wir mit einer anderen Muttersprache andere Menschen?
Der Universalgelehrte Wilhelm von Humboldt war Anfang des 19. Jahrhunderts überzeugt, dass verschiedene Sprachen unterschiedliche Weltsichten ausbilden. "Was Sprachen grundsätzlich einmal tun", sagt der niederländische Sprach-Experte Gaston Dorren, "ist, den Dingen einen Namen geben." Wie sie das tun, mit welchen Schwerpunkten, spiegelt auch, was einer Kultur wichtig ist und was nicht. Unterschiedliche Wörter können Dinge bezeichnen, die in einer anderen Sprache gar nicht vorkommen. Wie das portugiesische Wort Saudade, das eine ganz eigene Form des Weltschmerzes beschreibt. Insofern scheint Humboldt grundsätzlich Recht zu haben.
Dennoch wird seit Jahrhunderten diskutiert, wie sehr uns unsere Sprachen bestimmen. Durch den Wortschatz und durch die unterschiedlichen Grammatiken können unsere Aufmerksamkeit und sogar unser Gedächtnis beeinflusst werden. Die Frage liegt nahe, auf welche Art und Weise Sprache uns noch prägt und wie stark sie dabei unsere Persönlichkeit gestaltet.
Von | Henrike Kolletzki, Gunnar Mergner | |
Redaktion | Anahita Parastar |