Infomagazin, Deutschland 2023
Noch liegt der magnetische Nordpol im Arktischen Ozean auf halbem Weg zwischen Kanada und Sibirien. Aber alles spricht dafür, dass er dort nicht mehr lange bleiben wird. Jedes Jahr wandert der magnetische Pol rund 50 Kilometer weiter. Erdgeschichtlich gesehen ein Vollsprint und eine Bewegung, die die Menschheit so noch nicht erlebt hat, wie die Geophysikerin Aude Chambodut von der Universität Straßburg erklärt. Die Ursachenforschung führt tief ins Innere der Erde. Im flüssigen äußeren Erdkern erzeugen spiralförmige Strömungen das Erdmagnetfeld.
Es gleicht einem Dipolfeld, wie man es von einem Stabmagneten kennt - mit einem Nord- und einem Südpol. Doch aktuelle Abläufe im Erdinneren scheinen die stabile Struktur des Dipols zunehmend zu ändern. Die ungewöhnliche Wanderung des Nordpols könnte die Folge sein. Ein wilder Ritt mit unvorhersehbarem Ausgang, der in eine Umpolung des Erdmagnetfelds münden könnte. In den letzten 50 Millionen Jahren hat sich das Magnetfeld mehr als 100-mal umgepolt. Das letzte Mal vor etwa 780.000 Jahren, sagt Monika Korte vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam.
Obwohl ein solcher Prozess mehrere Tausend Jahre dauert: die Stärke des Erdmagnetfelds nimmt bereits ab. Wie sehr sich das auf Zugvögel und andere Tiere auswirkt, die sich am Erdmagnetfeld orientieren, ist unklar. Es ist aber davon auszugehen, dass magnetsensible Tiere sich daran anpassen können, so Pascal Malkemper, Forscher der Max-Planck-Gesellschaft. Für die Menschen ist das Erdmagnetfeld ein wichtiger Schutz: Es umschließt die Erde und lenkt hochenergetische Teilchen ab, die von der Sonne auf die Erde treffen.