Reportage, Deutschland 2017
In nahezu jeder Wohnung duftet es in der Adventszeit nach Plätzchen, Stollen, Pralinen und Co. Weihnachtsleckereien gehören in dieser Zeit einfach dazu. Im Norden sind Backtraditionen heimisch wie der Stutenkerl in Ostfriesland, aber auch Firmen, die in Sachen Weihnachtsgebäck europaweit die Nase vorn haben. Spekulatius, Marzipankartoffeln oder Lebkuchen gehen von Niedersachsen aus fast in die ganze Welt.
Die Tage vor dem 6. Dezember, dem Nikolaustag, sind für Bäckermeister Lars Grünhoff aus Norddeich die stressigsten im gesamten Jahr. Bis zu 6000 Stück Stutenkerle muss er jetzt backen, allesamt in Handarbeit, Stück für Stück. Aus Hefeteig, mit Tonpfeife und Rosinen verziert. In Ostfriesland sind Stutenkerle bei Kindern besonders beliebt. Sie kommen in den Nikolausstiefel, auf den Teller, es gibt ihn schon zum Frühstück. Sie gehören am 6. Dezember einfach dazu. Lars Grünhoff muss die Backwaren pünktlich in seine Läden bringen. Doch dann kommt dem Bäckermeister ein Großauftrag von der Insel Juist dazwischen. Jetzt wird es richtig eng.
Wenn die Niedersachsen noch im Sommerurlaub sind, dreht sich in Geeste im Emsland längst alles um Weihnachtsgebäck. Die großen Backöfen einer besonderen Firma laufen auf vollen Touren: Am Fließband werden hier Gewürz- und Butterspekulatius gebacken. Seit Generationen wird eine geheime Rezeptur aus Gewürzen verwendet, die selbst die Bäckermeister der Firma nicht kennen. Wenn Tausende Kekse pro Minute durch die 50 Meter langen Backöfen laufen, kommt es auf exakte Temperaturen an. Sonst verbrennen die Spekulatius.
Hochbetrieb herrscht auch bei einer Firma in Osnabrück. Hier werden unter anderem Pralinen für Adventskalender hergestellt. Mandel und Schokolade spielen hier die Hauptrolle.
Und sogar in der Oper spielt norddeutsches Weihnachtsgebäck eine "tragende" Rolle. In Hannover steht "Hänsel und Gretel" in der Staatsoper auf dem Spielplan. Da geht ohne den Honigkuchen aus einer kleinen Kakaostube gar nichts. Die Herausforderung beginnt schon in der Backstube, der Teig muss lange reifen. Er wird schon Monate vorher hergestellt. Beim Backen selbst genügt schon ein falscher Handgriff und die Tafeln könnten brechen. Dann müssen sie auch noch vorsichtig in die Oper transportiert werden. Nahezu jeden Tag aufs Neue, denn für jede Vorstellung wird das "Knusperhäuschen" der Hexe mit den Kuchentafeln verziert. Die Schauspieler knabbern in jeder Vorstellung die Honigkuchen auf.
"Die Nordreportage" begleitet Traditionsbäcker bei der Herstellung von Stutenkerl und Honigkuchen, verrät, warum Adventspralinen, Marzipankartoffeln und Spekulatius nahezu untrennbar zur besinnlichen Vorweihnachtszeit dazu gehören und ist dabei, wenn Weihnachtsgebäck in der Staatsoper eine Hauptrolle einnimmt.
Von | ||
Redaktion | Thomas Fischer |