Oper, Frankreich 2025
Gassmanns "Opera Seria" ist eigentlich eine Opera buffa, die sich über ein ganzes Genre lustig macht: Die Opera seria war in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein sehr beliebtes Genre, das Hunderte von Opern hervorbrachte und einen wahren kommerziellen Boom auslöste. Die Konkurrenz war unerbittlich und kämpfte mit harten Bandagen. Aus Zeitdokumenten wird ersichtlich, dass die Opera seria dem Starsystem und den Auswüchsen des kommerziellen Hollywood-Kinos in nichts nachstand: Ränkespiele zwischen eitlen Kastraten und ebenso selbstgefälligen Primadonnen, Libretti von dürftiger Qualität, Ideenklau und kaum voneinander unterscheidbare Produktionen.
Ort des Geschehens: eine Generalprobe, die im Chaos versinkt. Intendant, Komponist und Librettist bekriegen sich, genauso wie der Ballettmeister und die Tänzerinnen und Tänzer. Sängerinnen und Sänger sabotieren sich gegenseitig, und selbst die Mütter der Darstellenden mischen sich ein. Die Premiere endet im Desaster - und in der Erkenntnis, dass Kunst oft an den Egos ihrer Macher scheitert.
Ranieri de' Calzabigis Libretto ist dabei mehr als nur Zeitkritik. Mit beißendem Spott entlarvt er die Konventionen des Genres: endlos geschraubte Arien, sinnfreie Texte, Balletteinlagen, die wie Fremdkörper wirken. Dass Wolfgang Amadeus Mozart das Werk bewunderte, verwundert nicht - schließlich parodierte er später selbst die Opernwelt in "Der Schauspieldirektor".
Laurent Pellys Inszenierung an der Mailänder Scala setzt diesen Geist kongenial um. Zusammen mit Bühnenbildner Massimo Troncanetti liefert er die Bilder, die an Eleganz und Humor Florian Leopold Gassmanns Musik in nichts nachstehen. Barock und grau in grau sind Laurent Pellys Kostüme, unterschwellig, aber kunterbunt - eine überdrehte Karikatur. Sie spiegeln den Narzissmus der Kastraten, die damals als Popstars ihrer Zeit gefeiert wurden.
Dirigent Christophe Rousset verleiht der Musik mit seinem Ensemble Les Talens Lyriques Schwung und Esprit: präzise im Tempo, voller pointierter Akzente, aber stets mit einem Augenzwinkern. Die Besetzung vereint erfahrene Sängerinnen und Sänger mit jungem Nachwuchs. Die Inszenierung von Pelly zeigt, dass Gassmanns und Calzabigis Satire nichts von ihrer Frische verloren hat.
| Besetzung | Pietro Spagnoli | Der Operndirektor |
| Mattia Olivieri | Der Librettist | |
| Giovanni Sala | Der Komponist | |
| Josh Lovell | Der Kastrat | |
| Julie Fuchs | Die Primadonna | |
| Andrea Carroll | ||
| Serena Gamberoni | ||
| Alessio Arduini | Ballettmeister | |
| Alberto Allegrezza | Porporinas Mutter | |
| Lawrence Zazzo | Smorfiosas Mutter | |
| Filippo Mineccia | Stonatrillas Mutter | |
| Regie | ||
| Kostueme | Laurent Pelly | |
| Inszenierung | Laurent Pelly | |
| Choreographie | Lionel Hoche | |
| Dirigent | Christophe Rousset | |
| Andere Personen | Komponist: Florian Leopold Gassmann, Orchester: Orchestra del Teatro alla Scala, Les Talens Lyriques, Libretto: Ranieri de' Calzabigi, : Massimo Troncanetti | |

Mikrokosmos Oper: Mit scharfem Witz entlarvt Florian Leopold Gassmanns satirische Oper (1769) die Absurditäten des zeitgenössischen Musikbetriebs.
Licht: Marco Giusti