Dokumentation, Deutschland 2024
Das perfekte Imitat einer Popstar-Stimme in Sekundenschnelle produziert: KI-Musik ist immer weniger von menschengemachter Musik zu unterscheiden. Wohin wird das führen?
Musikschaffende sind mal besorgt, mal enthusiastisch angesichts der neuen Software. Als erstes trifft es Produzierende von Gebrauchsmusik, aber auch Megastars wie Billie Eilish und R.E.M. sind alarmiert.
Im August 2024 schafft es erstmals ein von KI komponierter Song in die deutschen Charts: "Verknallt in einen Talahon" platziert auf Platz 48 zwischen Beyoncé und Taylor Swift. Der Song wird nicht nur wegen des kontroversen Titels heiß diskutiert, sondern auch wegen der Komponistin: der Künstlichen Intelligenz. Produziert hat den Chart-Erfolg der Softwareentwickler und Hobbymusiker "Butterbro". Ein paar Prompt-Angaben, ein Klick - und schon landet das Ergebnis in den Charts! Ist es wirklich so einfach?
Der Salzburger Musikproduzent Thomas Foster jedenfalls ist begeistert von den neuen Möglichkeiten. Er produziert Musik und Jingles für Werbung und Radio. Und in den Abendstunden bastelt er an Club-Hits für Ibiza, Marbella und Co. Andere Menschen braucht er dafür kaum noch: Dank KI kann er selbst Streichorchester und mehrstimmigen Gesang in seine Musik einarbeiten. Programme wie Suno oder Udio machen das Komponieren zum kreativen Blumenpflücken: Inspiration per Mausklick.
Schöne neue Musikwelt also? Mit dem technologischen Fortschritt steht zugleich die eigene Zukunft vieler Musikschaffenden auf dem Spiel. Moritz Eggert, Präsident des deutschen Komponistenverbands, warnt vor massivem Job-Verlust durch KI. Nicht nur Komponisten auch Sängerinnen und Sänger könnte dieses Schicksal ereilen.
Selbst absolute Profis wie die österreichische Sängerin Monika Ballwein haben mitunter Schwierigkeiten, computergenerierten Gesang von echter Stimme zu unterscheiden: "Es macht mir natürlich Angst ersetzt zu werden, das gebe ich zu." Noch sagen mehr als Dreiviertel der jungen Erwachsenen zwischen 25 und 34 Jahren in Deutschland laut einer repräsentativen ZDF-Umfrage vom Juli 2024 zum Thema "KI - die neue Realität", dass es ihnen eher wichtig bis sehr wichtig ist, dass echte Menschen an der Musik beteiligt sind, die sie hören. Aber wie lange gilt das noch?
Während einige Megastars wie Billie Eilish, REM und Sam Smith einen Brandbrief gegen die KI schreiben, setzen andere auf eine Umarmung der neuen Technik. Die kanadischen Sängerinnen Grimes und Portrait XO stellen ihre Stimme als Download zur Verfügung: Verwendung gegen 50 Prozent Beteiligung am Gewinn.
Wer seine Stimme dagegen nicht zu Markte tragen will, fragt sich, wie er sie wirklich schützen kann. Und ob sie womöglich nicht längst ohne Wissen genutzt wurde. Schließlich mussten die KI-Programme mit Abertausenden Werken trainiert werden. Der GEMA-Vorsitzende Dr. Tobias Holzmüller mahnt: "Man darf nicht vergessen der einzige Grund, warum es diese KI gibt, ist, dass Generationen von Musikerinnen und Musikern Werke geschrieben haben. Die hätten gar nicht verwendet werden dürfen." Da wäre es nur fair, wenn die Urheber vergütet würden, findet auch Bruno Kramm. Der Musiker und IT-Experte versucht, die KI-Programme zu überlisten und zu beweisen, womit sie ursprünglich gespeist wurden.
Von | Karsten Gravert, Hanna Langreder |