Land und Leute
Es ist nun wirklich keine Heimat wie jede andere: acht Monate lang Winter, oft wird es gar nicht hell und die Temperaturen sinken wochenlang unter den Gefrierpunkt. Aber auch mehrere Hundert Kilometer nördlich des Polarkreises haben viele Menschen in Finnland und Norwegen ihr Zuhause gefunden.
Ein französischer Fotograf wartet nächtelang auf Polarlichter, eine Musikerin aus der Nähe von Salzburg tourt mit Touristen durch den Pallas-Yllästunturi-Nationalpark, ein Postbote trotzt Eis und Schnee auf der Straße und eine deutsche Künstlerin, die nach Norwegen ausgewandert ist, arbeitet auch mit über 80 Jahren fast täglich an einem riesigen Wandmosaik aus Glas, Silber und Mineralsteinen. Für sie alle ist der hohe Norden in Finnland und Norwegen ein großes Abenteuer, mit und ohne Schnee. Für die dort überwiegend samische Bevölkerung aber auch einfach Alltag. Und alle zusammen kommen irgendwie klar. Ein Feature der feinen Zwischentöne mit Menschen, die schon immer hier leben und Menschen aus aller Welt, die ganz bewusst Polarnacht und Tagtraum im Norden suchen.
Da ist der Postbote Ole Klemet aus Kautokeino in Nordnorwegen, der hier oben einen anspruchsvollen Job macht. Mehrmals die Woche fährt er mit dem Auto mehr als 100 Kilometer weit, um Post und Pakete auch in entlegene Ecken im dünnbesiedelten Samenland, auch Sápmi genannt, zu liefern. Raus muss er bei jedem Wetter. "Aber das ist mein Job, ich mag das genau so", sagt der knorrige und wortkarge Ole. Auch bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt. Bis zu minus 50 Grad werden es im Winter rund um Kautokeino.
Während Ole Klemet hier geboren ist und schon immer hier gearbeitet hat, ist der Polarfotograf Rayann Elzein vor vielen Jahren aus Frankreich sozusagen "freiwillig" hierhergezogen. "Ich war sowieso immer mehr jenseits des Polarkreises auf Reisen, da dachte ich eines Tages, dass ich ja gleich hierherziehen kann", erzählt er. Sein Spezialgebiet: arktische Landschaften, Tiere im Eis, aber so richtig verrückt sei er nach Polarlichtern! Das ist auch sein Hauptgeschäft. Solche Fotos hat er weltweit an Zeitungen und Zeitschriften verkauft und auf so manches Bild nächtelang in eisiger Kälte gewartet. Wer einmal Polarlichter sehen möchte, hält sich in der Gegend an ihn und sein gutes Gespür, wann es sich wirklich lohnt, das warme Zimmer zu verlassen, um in den Himmel zu blicken.
Statistisch betrachtet, teilen sich weniger als zwei Menschen in Finnlands Norden einen Quadratkilometer Fläche. Jana Schett (24) gehört dazu. Sie ist in der Nähe von Salzburg aufgewachsen, hat in Amsterdam Flöte studiert und Finnland bereits als Au-pair-Mädchen kennengelernt. Jetzt ist sie zertifizierter Wildnisguide und führt Wanderer aus aller Welt durch den Pallas-Yllästunturi-Nationalpark. Im Dezember ist Hochsaison. Schutzhütten mit Holz beliefern, Loipen vorbereiten, Tiere füttern, das sind nur einige ihrer Aufgaben. Man kann mit Jana in den Wäldern auch gut schweigen und man versteht, warum sie sich in dieser einsamen Gegend eine Zukunft aufbauen will.
Mode von Sámi ist, zumindest nach deutscher Vorstellung vor allem rot, blau und bunt, eine Art Trachtendesign. Das stimmt, aber nicht nur. Das samische Modedesign verbindet traditionelle und moderne Schnitte und Farben miteinander und wird damit immer erfolgreicher.
Sámi, so nennen sich die Samen heute statt Lappen. Sápmi ist ihre angestammte Heimat im Dreiländereck Norwegen, Schweden und Finnland. Die russische Halbinsel Kola gehört auch dazu. Es gibt Regionalparlamente, samische Künstler und vor allem eine eigene Sprache. Und in Kautokeino können an einer Hochschule ausländische Studierende Sámi erlernen. Mittlerweile kommen dazu sogar Studierende aus Kanada oder Bangladesch, um die Sprache der Samen zu lernen. Und zwar, indem sie das samische Leben nachempfinden, samische Gerichte kochen, Alltagssituationen nachspielen oder samisches Handwerk erlernen. Learning by Doing ist das Prinzip. Dennoch ist die Sprache der Samen nur noch in wenigen Gegenden Alltagssprache, so wie in Teilen der Finnmark. Im Winter steht die Sonne tief, bis sie in der Polarnacht ganz verschwindet. Und dennoch ist das Winterlicht, so wie die Menschen hier, intensiver als in jedem anderen Teil der Welt.
Regine Juhls aus der Silberschmiede ist in den späten 1950er-Jahren von Deutschland nach Norwegen ausgewandert, hat dort ihren späteren Ehemann getroffen. Beide arbeiten unter einfachsten Bedingungen bei Rentierzüchtern und beginnen dann, den traditionellen Silberschmuck der Sámi zu reparieren. Schon bald schmieden sie neue Schmuckstücke, arbeiten an modernen Variationen und werden zur bekanntesten Silberschmiede in Nordnorwegen. Regine Juhls ist heute über 80 Jahre alt. Ihre Silberschmiede ist Werkstatt, Atelier und Museum zugleich. Regines Tochter leitet inzwischen das Geschäft.
Von | Martina Gawaz, Andreas Bell |
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