Land und Leute
Frau Holle - da denken die meisten an das Märchen, in dem Frau Holle die fleißige Marie belohnt und die faule bestraft. Doch wieso taucht Frau Holle im Thüringer Brauchtum auf? Weshalb ranken sich zahlreiche Holle-Sagen um den Hörselberg, den Kyffhäuser in Thüringen und den Hohen Meißner in Hessen?
Eine Spurensuche beginnt im Thüringer Süden, wo Frau Holle oder die Hüllefrau zusammen mit den Herrschekloasen, den Nikoläusen, oder den Hollebönscheles, den Holle-Buben, in der Vorweihnachtszeit auftritt - in Gethles, in Siegritz und anderenorts. In den sogenannten Raunächten zwischen Nikolaus und dem Heiligen Dreikönigstag lebt Frau Holle bis heute in Volksbräuchen fort.
Die Spurensuche führt weiter zu den Bergen, auf denen sich Frau Holle der Sage nach aufhielt. Frau Holles Eigenschaften werden entdeckt, ihre Begleiter und ihre Pflanzen. Die Spuren werden bis zu ihrem wahrscheinlichen Ursprung verfolgt: Bronzezeitlichen und steinzeitlichen Opferplätzen, an denen eine weibliche Gottheit verehrt wurde. Die mündliche Überlieferung, die Volksbräuche und etliche archäologische Befunde weisen in eine Richtung: In der mythischen Figur der Frau Holle hat eine jahrtausendalte indoeuropäische Göttin überlebt. Sie war die große Mutter Erde, die Herrin des Totenreichs, die Hüterin der ungeborenen Kinder und Wächterin der Spinnstuben.
In Thüringen und Hessen nannten unsere Vorfahren sie Frau Holle. Wenn heute jemand überrascht "Holla, die Waldfee!" ausruft, weiß er wohl kaum, dass es sich um die Anrufung der großen Göttin handelt.