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Di, 01.10.
2315 – 0000

3sat

Die Brücke der Einheit in Vacha

Zeitgeschichte

Sie ist 225 Meter lang und wurde im Mittelalter gebaut: Die Werrabrücke Vacha trennte jahrzehntelang als deutsch-deutscher Grenzpunkt Thüringen und Hessen. Der Film erzählt die Geschichte der "Brücke der Einheit", die eng verknüpft ist mit den bewegenden Schicksalen der dort zu DDR-Zeiten lebenden Menschen und ihren Fluchtversuchen. Wenn Frank und Kerstin Langer aus Vacha gemeinsam über die Werrabrücke gehen, werden sie nachdenklich. Zu Zeiten der Teilung Deutschlands war die mittelalterliche Steinbogenbrücke gesperrt. Niemand durfte die 225 Meter lange Brücke überqueren. Bis 1989 wusste keiner der Bewohner der beiden Ufer vom Leben der anderen. Dabei wohnten sie nur einen Steinwurf voneinander entfernt. Doch weder Minenfelder noch Selbstschussanlagen konnten die mehr als 40.000 Menschen aufhalten, die einen Fluchtversuch wagten. Mehr 1000 Menschen starben dabei an der innerdeutschen Grenze. Für Lars Schneider und Jörg Pabst nimmt ihre Flucht unweit der Werrabrücke einen unerwarteten Verlauf: Am 19. Juni 1988 setzen sie alles auf eine Karte und durchbrechen mit einem Lkw den Grenzzaun. Ein waghalsiges Manöver. Dass sie überleben, ist großes Glück. Nach Aussagen eines ehemaligen Grenzoffiziers ist ihr Lkw im Dunkeln mit einem Fahrzeug der Nationalen Volksarmee verwechselt worden. Im Westen findet Jörg Pabst eine Zukunft und arbeitet sich zum Bahnmanager hoch. Lars hingegen beschleicht ein unerwartetes Gefühl: Er bekommt Heimweh. Nach zwei Monaten kehrt der damals 19-Jährige an genau der Stelle in die DDR zurück, an der er zuvor geflüchtet war. Damit ist seine Odyssee aber noch lange nicht beendet. Erst nach wochenlangen Verhören bei der Stasi und einer Einweisung in ein Erziehungsheim darf er zurück in sein Heimatdorf. Zwischen Kerstin und Frank hätte es wahrscheinlich wesentlich eher gefunkt, hätte die Werrabrücke damals Ihren eigentlichen Zweck erfüllt - den Fluss zu überqueren. Zwei Jahre nach ihrer ersten Begegnung läuten die Hochzeitsglocken. Heute leben sie einen Steinwurf von der Werrabrücke entfernt. Im 14. Jahrhundert wurde mit dem Bau begonnen, um Philippsthal in Hessen und Vacha im heutigen Thüringen miteinander zu verbinden. Glaubt man mysteriösen Sagen, wurde dort als Opfergabe ein Baby eingemauert. Ein Philippsthaler Heimatforscher hat bei Bauarbeiten nach ihm gegraben. Fündig geworden ist er allerdings nicht. Wahr hingegen ist, dass mitten durch das "Hoßfeldsche Haus" direkt neben der Brücke bis 1990 die Staatsgrenze verlief. Hinter einer dünnen Ziegelwand begann plötzlich eine andere Welt. So nah wie dort war der DDR damals kein anderer Westdeutscher. Bis am 11. November 1989 plötzlich Planierraupen anrückten. Auf hessischer Seite lief eine Videokamera. So entstand ein einzigartiges Zeitdokument, das weltweit für Furore sorgte: Wenn Grenzsoldaten die Mauer auf der Werratalbrücke einreißen, ist das 30 Jahre später noch immer ein Gänsehautmoment. Die Aufnahmen zeigen auch den stimmungsvollen Marsch des Vachaer Karnevalsvereins über die Brücke der Einheit. Kerstin Langer ist mittendrin. Redaktionshinweis: 3sat setzt sein Programm zum Thema "35 Jahre Mauerfall" am Mittwoch, 2. Oktober, fort: Um 20.15 Uhr zeigt 3sat den Film "Abi '89 - Ende und Anfang einer ganzen Klasse", um 21.15 Uhr folgt die Dokumentation "Verlorene Kindheit - Weggesperrt in der DDR".

Weitere Ausstrahlungstermine

Mittwoch 02.10. 04:35 Uhr
3sat

Personen

Von Stephan Heise